Eine ambitionierte Art der Weinprobe

Blind Tasting?

Bei denjenigen, die schon einmal an einer Weinprüfung teilgenommen haben, die eine Blindverkostung erfordert, rufen diese beiden kleinen Worte eine Mischung aus Emotionen hervor: Angst, Aufregung, Frustration und – für diejenigen, die sie erfolgreich bestanden haben – Hochgefühl. Die meisten Weinprofis, die Erfahrung mit Blindverkostungen haben, können eine Geschichte über ein besonders schwieriges Blindverkostungsszenario erzählen, bei dem sie einen ikonischen Wein bis hin zum Erzeuger korrekt identifiziert haben oder einen völlig «unvergleichlichen» Wein erwischt haben. Wir erinnern uns natürlich auch an die, bei denen wir uns furchtbar geirrt haben, aber darüber zu reden, macht viel weniger Spass.

Was hat es eigentlich mit der Blindverkostung auf sich?

Durch eine Blindverkostung wird die Möglichkeit geschaffen, einen Wein ohne vorherige Vorurteile objektiv zu beurteilen und ihn unabhängig von individuellen Präferenzen einzuschätzen. Auf diese Weise werden Beeinflussungen durch den Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad der Ursprungsregion, Rebsorte oder des Winzers vermieden, und die Bewertung erfolgt ausschliesslich auf Grundlage der vom Wein vermittelten Eindrücke. Dabei ist eine gewisse Bescheidenheit gefragt, da sämtliche Verkoster:innen letztendlich in der gleichen Ausgangslage stehen. Im Folgenden werden exemplarisch einige Situationen aufgezeigt, in denen eine Blindverkostung eine Rolle spielt:

  • Im Weinkeller fungiert sie als entscheidender Einflussfaktor für die Handlungen und Entscheidungen des Önologen.
  • Bei Verkostungswettbewerben ermöglicht sie eine unvoreingenommene Beurteilung der Sommeliers, wodurch die Bewertungen und Medaillenvergaben bei Weinwettbewerben auf objektiven Grundlagen basieren.
  • Weinkritiker und Journalisten nutzen diese Methode, um ihre eigenen Urteile über Weine zu bilden. Diese Eindrücke teilen sie anschliessend mit ihrem Publikum, wie es beispielsweise bei Persönlichkeiten wie Robert Parker der Fall ist.
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Die Welt des Weins eröffnet ein faszinierendes Reich von intensiven Eindrücken und Geschmackserlebnissen.  Bei Blinverkostung wird der Wein einer aufeinanderfolgenden Reise der Sinne unterzogen – er wird erlebt, analysiert, verkostet und abschliessend bewertet.

Während dieses Prozesses bleibt der edle Tropfen anonym im Glas. Zu Beginn ist den Verkosterinnen und Verkostern unbekannt, um welchen Wein es sich handelt. Dieser Ansatz sichert zu, dass sich die Tester nicht von Etiketten oder dem Ansehen eines renommierten Weinguts bei ihrer Bewertung beeinflussen lassen. Auf diese Weise erfolgt die Beurteilung nach der Blindverkostung unvoreingenommen und neutral.

Die detaillierte Vorgehensweise einer Blindverkostung möchten wir nun im Folgenden Schritt für Schritt erläutern.

Vorbereitung

Avinieren Sie das Glas, indem Sie etwa 4 cl Wein einschenken und es behutsam schräg neigen, bis die Glaswände vollständig benetzt sind. Durch energisches Schwenken und anschliessendes Ausgiessen des Weins bereiten Sie das Glas vor. Nun kann die eigentliche Blindverkostung beginnen. Giessen Sie dazu grosszügig, jedoch nicht zu üppig, etwa 6 bis 8 cl in Ihr Weinglas – so haben Sie ausreichend Raum, um den Wein genussvoll zu schwenken.

1. Sehen

Im ersten Schritt wird der Wein im Glas geschwenkt, um die Kirchenfenster zu beobachten – die langsamen Abflussmuster am Glasrand. Diese Formen, spitzbogiger bei höherem Alkohol- und Extraktgehalt, werden als Viskosität bezeichnet. Die langsamen, klaren Kirchenfenster deuten auf einen gehaltvolleren Wein hin. Die Tränen oder dickflüssigen Tropfen beeinflussen jedoch nicht die Weinqualität.

Der zweite Teil der optischen Bewertung betrifft die Weinfarbe. Ein hellerer Rotwein mit bräunlichen Nuancen am Rand deutet auf einen älteren Wein hin, da sich die Farbpigmente mit der Zeit am Boden absetzen. Dunklere Rotweine stammen oft aus heissen Anbaugebieten und sind kräftiger. Bei Weisswein verhält es sich umgekehrt: Dunkle Weissweine sind meist älter als helle. Die Weinfarbe gibt bei einer Blindverkostung Auskunft über das Alter, die Rebsorte und das Anbaugebiet. Zusätzlich sollte der Wein im Glas klar und glänzend sein.

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2. Riechen

Vor dem ersten Schluck und im zweiten Schritt einer Blindverkostung wird der Wein intensiv gerochen. Durch kräftiges Schwenken des Weinglases und anschliessendes kurzes Einatmen werden zahlreiche Fruchtaromen wahrgenommen, was den Genuss erheblich steigert. Bitte schwenken Sie das Weinglas stets am Stiel und vermeiden Sie dabei, den Kelch oder Glaskörper in der Hand zu halten. Die Körperwärme kann den Geschmack erheblich beeinträchtigen.

Grundsätzlich lassen sich Aromen in einige Hauptkategorien unterteilen: würzig, karamellisiert, fruchtig, pflanzlich, blumig, rauchig. Diese Kategorien geben reine Auskunft über die aromatischen Nuancen.

Wein kann bis zu 500 verschiedene Duftaromen annehmen, was die Vielfalt olfaktorischer Erlebnisse enorm macht. Sollte ein Duft nicht sofort identifizierbar sein, nehmen Sie sich Zeit beim Riechen. Durch wiederholtes Schwenken und Riechen können Sie dem Wein seine einzigartigen Noten entlocken.

Die meisten Weine entfalten neben den sogenannten Primäraromen auch Sekundäraromen, die erst bei längerem Riechen oder im Nachgang wahrgenommen werden. Auch diese Aromen sollten so präzise wie möglich identifiziert werden.

3. Schmecken

Nun dürfen Sie den Wein kosten – die geschmackliche Beurteilung ist die anspruchsvollste Aufgabe während der Blindverkostung. Der Wein wird in der Mundhöhle auf drei Arten bewertet: nach Geschmack, Geruch und Konsistenz. Beim Probieren bleibt der Wein eine Weile im Mund, und das Schlürfen (Luft saugen) ermöglicht, dass sich mehr Aromen entfalten. Kurz gesagt: Der Wein schmeckt intensiver, und die einzelnen Aromen treten deutlicher hervor. Dabei können Sie besonders zwischen den Geschmacksrichtungen süss, sauer, salzig und bitter unterscheiden.

Nach den Basis-Geschmacksrichtungen werden wie beim Riechen die Aromen identifiziert, nach dem gleichen Schema. Vorrangige und nachträgliche Aromen sollten den bis zu 500 Duftnuancen zugeordnet werden.

Zum Abschluss wird der Wein ertastet: Wie fühlt er sich an? Dickflüssig, fleischig, fettig oder eher dünnflüssig und leicht? Ein knackiger Wein erfrischt, ein weicher ist harmonisch, während ein harter etwas irritiert. Auch Texturen wie samtig, cremig oder ölig können hier bestimmt werden.

4. Abgang

Nachdem Sie den Wein ausführlich und intensiv verkostet haben, steht Ihnen im diesen Schritt der Blindverkostung die Entscheidung offen – entweder schlucken Sie den Schluck hinunter oder spucken ihn aus.

Im abschliessenden Teil der Verkostung liegt der Fokus auf dem Eindruck und der Nachhaltigkeit der Weinaromen, insbesondere dem berühmten Abgang oder Finale. Tester:in beurteilt, wie Geschmack und Konsistenz am Gaumen wirken und ob der Gesamteindruck harmonisch ist. Dabei spielt die Dauer der verbleibenden Aromen eine Rolle: Ein kurzer Abgang zeigt sich, wenn alle Aromen sofort verschwinden; ein mittlerer Abgang, wenn der Wein langsam ausklingt; und ein langer Abgang, wenn nach dem Schlucken noch neue bis intensive Nuancen entstehen.

Gleichzeitig ist es wichtig, die Harmonie des Weins zu erspüren. Ein unharmonischer Wein kann durch deutliche Strukturprobleme oder Irritationen hervorstechen, beispielsweise wenn ein Geschmack oder die alkoholische Note zu dominant sind. Im besten Fall ist die Struktur des Weins natürlich ausgeglichen.

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5. Die Abschlussbewertung

Für ein rundum gelungenes Ergebnis ist es entscheidend, nach allen Schritten einen Gesamteindruck zu gewinnen. In einer Blindverkostung empfiehlt es sich, während der einzelnen Etappen Notizen anzufertigen – schliesslich ist es eine Herausforderung, sich alle Details zu merken, vor allem bei mehreren Weinen nacheinander.

Es werden sämtliche Aspekte einbezogen, um ein abschliessendes Urteil zu fällen. Ein überzeugender Wein brilliert, wenn alle Komponenten – Aussehen, Geruch, Geschmack und Abgang – nicht nur den Erwartungen entsprechen, sondern diese sogar übertreffen. Ein wahres Meisterstück.

Übung macht Meister

Südafrikanische Weine bieten dabei eine besondere Freude, denn der Preis für dieses Genusserlebnis ist stets angemessen. Wenn Sie sich selbst überzeugen möchten, laden wir Sie herzlich zu unserem Degustations-Event mit Blindverkostung am 2. März in Wädenswil ein. Tauchen Sie ein in die Welt exquisiter Weine und erleben Sie, wie das richtige Üben wahre Meisterwerke hervorbringt.