Decanter
hall of fame 2022
Die vierte Frau in 38 Jahren, die von der Zeitschrift Decanter in die «Decanter Hall of Fame» aufgenommen wurde.
Der Enthusiasmus unserer 2022 Decanter Hall of Fame-Preisträgerin für Südafrikas alte Reben, ist tief im Erbe des Landes und in ihrem eigenen verwurzelt. Die Hingabe dieser selbsternannten «Farm-Managerin» für ihre Sache ist ein Vorbild für die gesamte Weinwelt.
Rosa Kruger wuchs auf einer Farm im nördlichen Transvaal auf und war von der Natur und der gefährlichen Unermesslichkeit des Veldt umgeben. Seit sie fünf Jahre alt war, packte sie regelmässig eine Tasche mit Lebensmitteln und Wasser und machte sich mit einem oder mehreren ihrer fünf Geschwister ohne Schuhe auf den Weg in die Wildnis. «Wir kamen bei Dunkelheit zurück, um ein Bad zu nehmen, zu schlafen oder uns zu verstecken», sagt sie. Wir waren ziemlich wild.
Es ist eine lehrreiche Geschichte, die mehrere Dinge über sie verdeutlicht. Kruger ist stark, geistig unabhängig und reist gern. Kurz gesagt, sie war nie für einen Schreibtischjob bestimmt, obwohl sie bis Mitte 30 als Journalistin und dann als Anwältin arbeitete. Stattdessen hat sie es zu einer der führenden Weinbauern der Welt gebracht, auch wenn sie den Begriff Betriebsleiter vorzieht.
Kruger war auch eine Schlüsselfigur bei der Entwicklung der südafrikanischen Weinszene nach der Apartheid, indem sie sich für gute Arbeitspraktiken einsetzte, eine lokale Baumschule bei der Einfuhr neuer europäischer Rebsorten wie Assyrtiko und Garnacha Peluda unterstützte und jungen Winzern half, besondere Weinberge zu finden. Und dann ist da noch ihre Arbeit, die darin besteht, die wertvollen alten Rebstöcke des Kaps aufzuspüren, zu erhalten, zu pflegen und zu fördern.
«Warum ich? Es gibt viele Leute, die es mehr verdient haben», war ihre bescheidene Antwort, als sie erfuhr, dass sie für den diesjährigen Decanter Hall of Fame Award ausgewählt worden war. Aber die Frau, die von dem lokalen Weinautor John Platter einmal als «die Kriegerkönigin der modernen Weinumstellung Südafrikas» bezeichnet wurde, ist eine verdiente Wahl. Sie ist die erste Winzerin (oder Farmmanagerin), die so geehrt wird, und auch die erste Südafrikanerin.
Die grossen südafrikanischen Weinproduzenten sowie die Weingesellschaft und die südafrikanische Bevölkerung haben nicht aufgehört, diese Auszeichnung in ihren sozialen Netzwerken zu feiern.
Über Rosa Kruger
Es ist nicht das erste Mal, dass Rosa Kruger eine Auszeichnung dieser Art erhält.
Kruger ist 57 Jahre alt und die Ururenkelin von Paul Kruger. «Ich stamme aus einer Familie von Anwälten und Landwirten», sagte ihr in einem Interview vor 5 Jahre bei Old Vine Projekt, als sie als Siegerin der Old Vine Awards in Südafrika ausgezeichnet war.
Sie hat einen M.A. in Kommunikation und einen LL.B. Abschluss. Diese Qualifikationen mögen für das harte Geschäft, den Rebensaft aus den oft unnachgiebigen Böden der Winelands herauszuholen, ein wenig irrelevant erscheinen. Aber Rosa hat klare Vorstellungen von der Beziehung zwischen der organischen, komplexen Qualität der Natur und der intellektuellen Herausforderung des Weinanbaus.
Foto: oldvineproject.co.za
Rosa sammelte Erfahrungen bei Rupert Wines, Rupert und Rothschild, Cape Point Vineyards und arbeitete mit Eben Sadie und in verschiedenen Weingütern in Frankreich, Spanien, Italien, Argentinien und der Slowakei.
Auch sie verliess ein Südafrika, in dem sie sich unwohl fühlte, heiratete und bekam einen Sohn, kehrte aber rechtzeitig zu «jenem glorreichen Tag» zurück, als Mandela freigelassen wurde. Sie qualifizierte sich dann als Anwältin, wollte aber nicht, dass ihr Sohn, der auf einer Farm aufgewachsen war, ein Stadtkind wird. «Zufällig lud mich jemand ein, 1997/8 auf einer Farm in der Nähe von Elgin [einer der neuen, coolen Weinregionen Südafrikas] zu arbeiten – mit einem Zehntel meines früheren Einkommens. Wir lebten in einer Biosphäre, die nur von Wald umgeben war», erzählt sie.
Aber die Anfänge waren nicht einfach. «Die beiden Spitzenwissenschaftler der Universität Stellenbosch hatten Mitleid mit mir. Ich gab ihnen Essen und Wein, und im Gegenzug lehrten sie mich», sagte Kruger in diesem Interview für Old Vine Projekt. Irgendwie wurde sie gebeten, sich um die Reben auf einigen Weingütern zu kümmern – Uva Mira in Stellenbosch und Cape Point, deren Weine seither grossen Anklang gefunden haben.
Heute ist Rosa Kruger eine der renommiertesten Winzerin der Welt. Auf dem Masters of Wine-Seminar über alte Reben, das sie kürzlich nach London führte, betonte sie immer wieder:
«Ich spreche nicht gerne über Weine, sondern nur über Reben»
Und sagte so oft «Ich liebe den Weinbau, dass man ihr kaum glauben konnte. Ich mache viel praktische, körperliche Arbeit. Die Arbeit in der Hitze, bei der einem der Schweiss die Nasenspitze und den Rücken hinunterläuft, ist hart. Aber ich arbeite sehr eng mit den Arbeitnehmern zusammen, was ich sehr schätze. Die Arbeitsbedingungen und die Politik haben sich auf jeden Fall verbessert».
Sie ist eine Frau, die keine Angst vor Widrigkeiten und harter Arbeit hat. «Was mich glücklich macht, ist die Arbeit im Weinberg, und ich möchte mich noch mehr in die Ausbildung der Landarbeiter einbringen. Im ersten Jahr, in dem wir in Elgin einen Sauvignon Blanc herstellten, setzte ich alle Landarbeiter an einen Tisch und liess sie ihn probieren. Sie waren etwas verblüfft, aber ich fragte sie, was sie schmeckten und rochen. Eine von ihnen, die früher Apfelbäuerin war, sagte: Dieser Wein riecht wie das Gras zwischen den Apfelbäumen, wenn ich es am frühen Morgen mähe.» Sie strahlte.
Heute gilt sie als die «Königin» der Old Vines.
Ausgabe vom Tim Atkin für «Decanter» , vom 03.10.22